Im Zuge des öffentlichen Konsultationsverfahren des ersten Entwurfs des Netzentwicklungsplan 2037/2024 der Übertragungsnetzbetreiber, hat Kyon Energy folgende Stellungnahme eingereicht.
Kyon Energy begrüßt den von den vier Übertragungsnetzbetreibern erstellten ersten Entwurf des Netzentwicklungsplans 2037/2045 und die Möglichkeit im Rahmen des Konsultationsverfahrens hierzu Stellung zu nehmen. Gerne möchten wir diese Gelegenheit nutzen, um uns an diesem Verfahren und der öffentlichen Diskussion zum Netzentwicklungsplan zu beteiligen, um so einen Beitrag zum Umbau hin zum klimaneutralen Netz zu leisten.
Als Projektierer und Errichter von netzgekoppelten Batteriegroßspeichern freut uns die erstmalige Integration von Speicherlösungen im Erstentwurf des Netzentwicklungsplans 2037/2045 als „Netzpuffer-Konzept“ (virtuelle Leitungen) zur präventiven Netzbetriebsführung und als kurativen Netzbooster. Wir begrüßen ausdrücklich, dass im NEP die Nutzung von Batteriespeichern zur Erbringung von Systemdienstleistungen für die Netzstabilität wie Schwarzstartfähigkeit, Netzwiederaufbau, Blindleistung, Momentanreserve und Regelleistung vorgesehen ist. Unklar bleibt allerdings in welchem Umfang Netzpufferkonzepte zur präventiven Netzbetriebsführung integriert werden sollen und wir empfehlen hierbei eine Spezifizierung im NEP.
Der Ausbau des Stromnetzes stellt eine der zentralen Herausforderungen und eine unausweichliche Aufgabe im Rahmen der Energiewende und dem damit einhergehenden Umbau zum klimaneutralen Netz bis 2045 dar. Der Netzausbau ist zwingend notwendig, um den räumlichen Unterschied zwischen Energieerzeugung und Verbrauch, der mit zunehmendem Ausbau der Erneuerbaren Energien on- und offshore weiter zunehmen wird, auszugleichen.
Ein zentraler Planungsgrundsatz für den Umbau des Energienetzes stellt die Anpassung des Netzes nach dem NOVA-Prinzip dar. Durch die Voranschaltung von Netzoptimierungsmaßnahmen garantiert dieses Prinzip eine volks- und betriebswirtschaftlich kostengünstige Anpassung der Netze unter Wahrung der Systemstabilität und einer nachhaltigen Energieversorgung. Im aktuellen Netzentwicklungsplan wird beschrieben, dass Netzoptimierungsmaßnahmen unter anderem Maßnahmen zur Leistungsflusssteuerung beinhalten. Diese sind nach den Grundsätzen des NOVA-Prinzips Verstärkungsmaßnahmen, wie der Errichtung neuer Parallelleitungen sowie Ausbaumaßnahmen wie dem Neubau von neuen Trassen, vorzuziehen. Wir als Kyon Energy möchten gerne unterstreichen, dass Batteriegroßspeicher als Maßnahmen zur Leistungsflusssteuerung und somit Netzoptimierung einen zentralen Stellenwert beim Umbau des Energienetzes einnehmen. Insbesondere in der Hauptphase des Netzumbaus bis Mitte der 2030er Jahre können Batteriegroßspeicher einen wichtigen und kosteneffizienten Beitrag zur Netzstabilisierung leisten. Zudem liegt ein zentraler Vorteil von Batteriegroßspeichern in der kurzen Realisierungsdauer, wodurch sie sich besonders zur Überbrückung bis zum Ausbau der Netze eignen. Kyon Energy hat Referenzprojekte, in denen in weniger als zwölf Monate zwischen der ersten Projektidee eines Batteriegroßspeichers bis zur Inbetriebnahme der Anlage lagen und wir gehen davon aus, dass Projekte auch zukünftig bei geeigneten sonstigen Voraussetzungen in einer ähnlichen Zeitspanne realisiert werden können. Somit ist die Implementierung von Batteriegroßspeichern in jeden Fall größenordnungsmäßig schneller als die Durchführung von Netzverstärkungs- und ausbaumaßnehmen.
Im Zuge dessen empfehlen wir zu prüfen, ob die angenommen Mengen an installierten Leistungen für Batteriegroßspeicher bereits vollständig nach dem NOVA-Prinzip in die Szenarien integriert worden sind. Im Rahmen des aktuellen NEPs werden abhängig vom jeweiligen Szenario und Jahr Batteriegroßspeicher mit einer installierten Leistung zwischen 23,7 (A & B 2037) und 54,5 GW (C 2045) berücksichtigt. Im Vergleich dazu zeigt eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme einen Kurzzeitspeicherbedarf von 104 GWhel im Jahr 2030 und rund 178 GWhel im Jahr 2045, um den Bedarf an Flexibilitäten zu decken1. Grundprämisse dieser Studie ist, dass bis 2050 die energiebedingten CO2-Emissionen um mindestens 95 % gesenkt werden sollen. Zudem ist es ist wichtig im Netzentwicklungsplan anzugeben, mit welcher Kapazität (C-Rate) die angenommenen Batteriegroßspeicher betrieben werden, um die Annahmen bezüglich der installierten Leistung besser einordnen zu können, mit anderen Studien vergleichbar zu machen und basierend darauf prüfen zu können, ob die angenommene installierte Leistung ausreichend ist.
Wir schließen uns dem NEP und den ÜNBs dabei an, dass der aktuelle regulatorische Rahmen keine ausreichenden Anreize setzt, um kosteneffiziente, nachhaltige und digitale Technologien in hinreichendem Maße zu implementieren und folglich einer dringenden Weiterentwicklung bedarf. Eine ausreichende Refinanzierung von betriebskostenintensiven und innovativen Technologien sollte durch den regulatorischen Rahmen sichergestellt werden. Dies trifft insbesondere auf innovative Technologien zu, die die Systemsicherheit im Zuge des Umbaus zu einem klimaneutralen Stromnetz garantieren. Kyon Energy begrüßt, dass im NEP eine maximal kosteneffiziente Marktmodellierung vorgenommen wird, wobei ein diskriminierungsfreier und offener Marktzugang unterstellt wird. Gleichzeitig bedeutet der alleinige Fokus auf die OPEX (Operational Expenditures), dass innovative Technologien mit geringen CAPEX (Capital Expenditures) und tendenziell höheren OPEX, die mittel- bis langfristig die Systemsicherheit garantieren und den Umbau des Energienetzes durch kurze Bauzeiten beschleunigen können, strukturell im Nachteil sind. Insbesondere in der Übergangsphase bis hin zu einem vollständig klimaneutralen und bedarfsgerecht ausgebauten Netz können innovative Technologien wie Batteriegroßspeicher eine Lösung sein, um die Redispatchkosten zu senken und größere Mengen erneuerbarer Energien in das bestehende Energienetz zu integrieren. In Bezug auf die Regulierungssystematik würden wir einen Verweis im NEP darauf begrüßen, dass der aktuelle regulatorische Rahmen aktive Investitionshemmnisse beinhaltet und diese im ersten Schritt abgebaut werden sollten. So wirkt sich beispielsweise die aktuell praktizierte Erhebung des Baukostenzuschusses negativ auf die Wirtschaftlichkeit von Batteriegroßspeichern aus und schafft sinnwidrige Anreize zur schwerpunktmäßigen Errichtung der Anlagen in Netzgebieten mit geringen Baukostenzuschüssen. Eine vollständige Abschaffung des Baukostenzuschusses für innovative, netzdienliche Technologien fördert die Investitionsbereitschaft und den Umbau des Energienetzes hin zu Klimaneutralität und schafft Rechtssicherheit. Wir weisen insofern auf den Anpassungsbedarf der Regulierungssystematik hin2 und erachten einen entsprechenden Hinweis hierauf im NEP, beispielsweise im Abschnitt zu innovativen Technologien, für angezeigt. Zudem empfehlen wir, auch im Rahmen des NEP 2037/2045 die Systemrelevanz innovativer Technologien stärker zu berücksichtigen.
Durch die in den kommenden Jahren stark zunehmende Kopplung des Stromsektors mit anderen Sektoren wird es, wie im NEP erörtert, zu einem deutlich ansteigenden Strombedarf in Deutschland kommen. Um diesen nachhaltig, also möglichst mit erneuerbaren Energien, und kosteneffizient decken zu können, ist es insbesondere in der Übergangsperiode zentral, energieeffiziente und schnell verfügbare Technologien zu implementieren. Im Gegensatz zu Elektrolyseuren und der Verbrennung von Wassersoff in Gasturbinen haben Batteriegroßspeicher einen Gesamtwirkungsgrad (von Entnahme bis Rückeinspeisung) von über 90 %3. Die Verbrennung von Wasserstoff in Gasturbinen hat im Gegensatz dazu nur einen Gesamtwirkungsgrad von 30-40 %4. Batteriespeicher können somit einen deutlich höheren Anteil der eingespeicherten Energie zeitlich versetzt zur endgültigen Nutzung ins Netz abgeben. Am Strommarkt geht dies mit deutlich geringeren Rückverstromungskosten im Vergleich zu Wasserstofftechnologien einher. Dies bedeutet, dass eine ökonomisch sinnvolle Rückverstromung von Wasserstoff nur möglich ist, wenn die Marktpreise des eingespeicherten Stroms sehr gering sind und die Marktpreise des ausgespeicherten Stroms sehr hoch. Es wird also ein sehr volatiler Markt vorausgesetzt. Dadurch reduzieren sich zudem die Anzahl an Stunden zu denen Strom aus Wasserstoff ökonomisch sinnvoll ausgespeichert werden kann signifikant im Vergleich zu Batteriespeichern. Kyon Energy sieht Wasserstoff- und Batterietechnologien als Partner im Rahmen der Energiewende, die beide einen erheblichen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. Durch die unterschiedlichen Effizienzgrade und Speichermengen bieten beide Technologien allerdings Vorteile für unterschiedliche Anwendungsfälle. So eigenen sich Batteriespeicher als kurzfristige Pufferspeicher zur Netzstabilisierung, während die Rückverstromung von Wasserstoff sich u.a. aufgrund der höheren Kosten besser zur Langfristspeicherung und somit zur Überbrückung langfristiger Flauten erneuerbarer Energien eignet. Zudem verfügen Batterie(-groß)speicher, wie oben beschrieben, über ein sehr kurze Realisierungszeit und eignen sich besonders für eine schnelle Implementierung ins Netz. Wir empfehlen daher zu prüfen, ob beide Technologien im NEP hinsichtlich ihrer optimalen technologischen Anwendung berücksichtigt worden sind.
Entsprechend freut es uns auch, dass im aktuellen Entwurf des Netzentwicklungsplans das Instrument der Spitzenkappung nicht mehr angewendet wird. Insbesondere angesichts des massiven Zubaus Erneuerbarer in Verbindung mit einer Zunahme flexibler Verbraucher und Speicheroptionen ist dieses Instrument nicht mehr zeitgemäß. Im Gegensatz hierzu bietet ein Ausbau des Energienetzes Hand in Hand mit dem Ausbau flexibler Speichermöglichkeiten den Vorteil, die auftretenden Erzeugungsspitzen abzufedern und somit die Kosten der Abregelung Erneuerbarer zu verringern. Diese zusätzlich integrierten erneuerbaren Energiemengen stehen dann dem Markt und den Verbrauchern für die Nutzung zu einem späteren Zeitpunkt zur Verfügung, sodass der Beitrag der Erneuerbaren zur Dekarbonisierung der Stromerzeugung maximiert wird.
Zusammengefasst begrüßen und unterstützen wir von Kyon Energy den Erstentwurf des Netzentwicklungsplans. Es freut uns, dass der Netzentwicklungsplan Batteriegroßspeicher als systemrelevante Komponente zur Sicherstellung der Energieversorgung bei erhöhter Einspeisung erneuerbarer Energien in den Planungen verankert. Nur durch gleichzeitige Anstrengungen bei Netzausbau- und -verstärkung sowie beim Ausbau der verschiedenen Speichertechnologien Wasserstoff und Batteriespeicher kann der Umbau zu einem Klimaneutralitätsnetz gelingen.
Um die ambitionierten Ausbauziele marktseitig zu erreichen, bedarf es auch einer Anpassung des regulatorischen Rahmens, um ein „level-playing-field“ für innovative Technologien sowie planungsrechtliche Vereinfachungen zu schaffen und Speichertechnologien effizient und schnell in das Energienetz zu integrieren. Auch wenn die Diskussion expliziter regulatorische Anpassungen im Netzentwicklungsplan vorgesehen ist, sollte bei der Diskussion des Netzentwicklungsplans auf politischer Ebene nicht unerwähnt bleiben, dass zur Einhaltung des angenommenen Speicher-Ausbaupfads regulatorische Änderungen unumgänglich sein werden.
Um einen leistungsfähigeren Ausbau des Energienetzes zu ermöglichen, empfehlen wir den ÜNBs zu prüfen, ob nach dem NOVA-Prinzip mehr Batteriegroßspeicher in Netzoptimierungsmaßnahmen einbezogen werden können, um die Netzverstärkung und den Netzausbau zu flankieren. Weiterhin empfehlen wir erneut zu prüfen, inwiefern die jeweiligen Vorteile des Langzeitspeichers ‚Wasserstoff‘ und des Kurzzeitspeichers ‚Batterie‘ kosten- und technologieeffizient im Netzentwicklungsplan reflektiert sind, und legen eine Justierung zugunsten von Batterien nahe.
Wir bedanken uns bei den Übertragungsnetzbetreibern für die Erstellung des Erstentwurfs des Netzentwicklungsplans 2037/2045. Sollten sich Fragen oder Anmerkungen ergeben, können Sie sich jederzeit an uns wenden.
[1] Stercheleet. al (2021): Wege zu einem klimaneutralen Energiesystem. Die deutscheEnergiewende im Kontext gesellschaftlicher Verhaltensweisen.Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE. Freiburg.
[2]Im Falle von Batteriegroßspeichern erachten wir die Erhebung vonBaukostenzuschüssen bereits im aktuellen Regulierungsrahmen für rechtswidrig(siehe Verfahren BK6-22-242), halten aber eine diesbezügliche regulatorische Klarstellungfür geboten.
[3]Stenzel (2016): Bereitstellung von Primärregelleistung durch stationäreGroßbatteriespeichern. Forschungszentrum Jülich, Institut für Energie- undKlimaforschung – Systemforschung und Technologische Entwicklung (IEK-STE).
[4] Öberg, Odenberger, Johnsson(2022): The value of flexible fuel mixing in hydrogen-fueled gas turbines – Atechno-economic study. In: International Journal of Hydrogen Energy. Band 47, Ausgabe47. S. 31684-31702.